Dienstag, 18. März 2014

"Der Geschmack der Sehnsucht" - Kim Thúy



Kim Thúy - Der Geschmack der Sehnsucht
Roman , 143 Seiten
Verlag Antje Kunstmann
ISBN 978-3-88897-928-6

In ihrem Roman "Der Geschmack der Sehnsucht" überzeugt Kim Thúy mit sprachlich wunderbaren Wendungen, einer Feinheit, die sich durch das gesamte Buch zieht und den Leser mitnimmt auf eine Reise in das Hier und Jetzt in Montreal sowie auf eine Reise nach Vietnam sowohl vor als auch nach dem Krieg.

Der Leser erlebt die Geschichte der jungen Frau Man, die als nichteheliches Kind geboren wurde und weil sie unerwünscht war, weggelegt wurde, von einer anderen Frau gefunden und dann doch an eine dritte Frau weitergegeben, um ihr eine gute Erziehung zu gewähren und sie sicher zu wissen. Die dritte Mutter kümmert sich um sie und beschützt sie. Sie sorgt dafür, dass Man mit einem wesentlich älteren Mann nach Montreal ziehen kann, den sie heiratet, keine Liebesheirat, eher eine Zweckehe, um ihr die Flucht aus dem geteilten und nunmehr kommunistischen Vietnam zu ermöglichen, denn dort wird sie nie sicher sein können. Man investiert all ihre Zeit in das Restaurant des Mannes und entwickelt dort erste Gerichte, die sie an ihre Heimat erinnern. Der Zuspruch der Vietnamesen führt soweit, dass eine Freundin ein Kochatelier einrichtet und sie dort immer weitere schöne und interessante Gerichte kreiert.

Bei einer Reise nach Paris lernt sie Luc kennen. Er ist wie sie vom Kochen begeistert, mehr noch, er ist von ihr begeistert. Es entwickelt sich eine zarte und behutsame Beziehung, die jedoch im Verborgenen blühen muss, denn beide sind verheiratet und haben Kinder. Doch Luc will sich trennen, jedoch geschieht dies nicht, denn seine Frau lässt ihn nicht gehen. Was Man bleibt, ist der Geschmack der Sehnsucht.



Mit beeindruckenden Bildern schildert die Autorin auf knappen 143 Seiten einen Ausschnitt aus dem Leben einer Exil Vietnamesin, die nach vielen Entbehrungen und Zwängen endlich das Gefühl der Liebe kennenlernen darf und doch mit der Sehnsucht zurückbleibt. Sie beschreibt sanft und sehr poetisch die Sehnsucht nach Heimat, Vergangenheit, Familie und Traditionen, die dem Leser ein besonderes Bild einer Kultur vermitteln, die man hier in dem Maße nicht sehen kann und wird, wenn man nicht im Kontakt mit einer vietnamesischen Familie ist. Auch kann man leise Töne der Kritik herauslesen, diese beziehen sich auf die Rolle und die Tradition der Frau in der vietnamesischen Gesellschaft.



Ein kleines, eindringliches Buch, das einem die Seele und das Verhalten näherbringt, sicherlich nicht außergewöhnlich, jedoch eindringlich und daher beim Lesen auch schnell verschlungen. Sehr schön sind die am Rand der Seiten in blauer Schrift dargestellten vietnamesischen Begriffe und ihre übersetzte Bedeutung, die einen weiteren Einblick gewähren. Leicht zu lesen und doch einprägsam, erhält dieser Roman von mir vier von fünf Sternen

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